Humboldt-Universität zu Berlin - Berliner Institut für Islamische Theologie

Bericht über die Fachtagung „Wrestling with Ethical Decisions: Theories of Ethics in Islamic Theology and Law and their Relevance to the Modern Discourse on Applied Ethics“

Selma Schwarz, M.A.

Im Rahmen der Shorttermforschungsgruppe Wege zu einer Ethik: Neue Ansätze aus Theologie und Recht zwischen modernen Herausforderungen und islamischer Tradition fand am 29. und 30. September 2021 unter Leitung von Prof. Dr. Rana Alsoufi (Frankfurt), Prof. Dr. Serdar Kurnaz (Berlin) und Prof. Dr. Mira Sievers (Berlin) die Fachtagung „Wrestling with Ethical Decisions: Theories of Ethics in Islamic Theology and Law and their Relevance to the Modern Discourse on Applied Ethics“ in Bad Homburg in den Räumen des Forschungskollegs Humanwissenschaften statt. Die Shorttermforschungsgruppe stellt ein standortübergreifendes Forschungsprojekt am Berliner Institut für Islamische Theologie (Humboldt-Universität zu Berlin) und am Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam (Goethe-Universität Frankfurt am Main) dar, das von der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) ermöglicht wird. Die internationale Tagung, an der alle Mitarbeitenden der Forschungsgruppe, einige geladene Expert*innen sowie interessierte Teilnehmende anwesend waren, fand in Hybridform statt.

In seiner Begrüßungsrede zu Beginn der Konferenz betonte der Direktor der AIWG, Herr Prof. Dr. Bekim Agai (Frankfurt) unter anderem die Wichtigkeit des Austauschs der islamisch-theologischen Studien und der muslimischen Zivilgesellschaft und innerhalb dessen auch die Bedeutung des Projektes Wege zu einer Ethik, welches das Ziel hat, Antworten auf heutige ethische Fragestellungen mithilfe klassischer ethischer Theorien zu finden. Daran anknüpfend hießen Prof. Dr. Rana Alsoufi (Frankfurt) und Prof. Dr. Mira Sievers (Berlin) alle Teilnehmenden willkommen und gaben weitere Informationen zum Projekt.

Um das Arbeitsfeld „Islamische Ethik“ abzustecken und eine Debatte darüber zwischen Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen anzustoßen, fanden fünf Panels mit Vorträgen und daran anschließend eine Abschlussdiskussion statt. Hierbei standen die ersten drei Panels unter dem Titel „Theorien der Ethik in Islamischer Theologie“ und die weiteren beiden Panels unter dem Titel „Angewandte Ethik“. Im ersten Panel unter Leitung von Prof. Dr. Mira Sievers sprach Dr. Farid Philip Suleiman (Erlangen) über die Ethik ar-Rāzīs und hierbei zur Idee einer Ethik ohne freien Willen. Anschließend erläuterte Dr. Dr. Mehrdad Alipour (Frankfurt) aš-Šarīf al-Murtaḍās Ansatz einer ethischen Bewertung von Handlungen aus der Perspektive der Zeit vor der Offenbarung. Im zweiten, von Prof. Dr. Rana Alsoufi moderierten Panel erörterte Prof. Dr. Ufuk Topkara (Berlin) die Antwort auf die Frage, was an dem Werk Tahḏīb al-aḫlāq von Miskawayh islamisch sein könne. Daran anschließend sprach Fatma Ayyıldız (Berlin) über Ṭāšköprüzādehs Sharḥ al-Aḫlāq al-ʿAḍudiyya. Im dritten Panel unter Leitung von Prof. Dr. Serdar Kurnaz sprachen Selma Schwarz (Frankfurt) zu al-Ġazālīs Erkenntnistheorie des moralischen Wertes in seinem Werk al-Mustaṣfā min ʿilm al-uṣūl und Bahattin Akyol (Berlin) über das ethische Konzept des Wohlergehens (ṣalāḥ) bei Abū l-Ḥasan al-Māwārdī.

In dem von Prof. Dr. Mira Sievers geleiteten vierten Panel sprach Prof. Dr. Hansjörg Schmid (Fribourg) über die Frage, wie islamisch angewandte Ethik heute sein könne und Farouq Fareez (Qatar) sprach über die Menschenwürde im islamischen bioethischen Diskurs über HIV/Aids. Daran anschließend diskutierte im fünften Panel unter Leitung von Prof. Dr. Rana Alsoufi zunächst Prof. Dr. Felix Körner (Berlin), ob das Gewissen ein islamischer Schlüsselbegriff in ethischen Kontroversen sein könne und Dr. Mark Chalîl Bodenstein (Frankfurt) sprach darauf folgend über ethische Betrachtungen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz.

In der Abschlussdiskussion fassten Prof. Dr. Rana Alsoufi, Prof. Dr. Serdar Kurnaz und Prof. Dr. Mira Sievers gemeinsam mit den Teilnehmenden schließlich die Erkenntnisse aus der Konferenz zusammen und formulierten Konsequenzen für die weitere Arbeit der Forschungsgruppe. Es wurde hierbei unter anderem diskutiert, inwieweit der Begriff maʿrūf („das bekannte Gute“) für gegenwärtige ethische Fragestellungen hilfreich sein könne, wie die Beziehung von islamischem Recht und Ethik zu verstehen sei und auch welche Vor- und Nachteile die Rede von „Islamischer Ethik“ überhaupt hat.

 

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